Die Tochtergesellschaften des Bahntechnikkonzerns Vossloh AG haben am 14. August 2012 durch den Verkehrsverbund Mittelsachsen den Auftrag erhalten, 2014 und 2015 dieselelektrische Zweisystemfahrzeuge des Typs Citylink zu liefern. Der Bestellwert für die vorerst acht Fahrzeuge beläuft sich auf 42,3 Mio. Euro. Die Option für zwei weitere Fahrzeuge besteht. Die Finanzierung der Fahrzeuge ist nur möglich durch die Unterstützung des Freistaates Sachsen.
Das Sächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) hat die Fahrzeugbeschaffung für das Chemnitzer Modell in das EFRE-Programm (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) eingeordnet. Der Städtische Nahverkehr wurde in das Operationelle Programm der EFRE-Förderung aufgenommen. Die Finanzierung durch den Freistaat ist so gesichert. Insgesamt werden mehr als 31 Mio. Euro an Fördermitteln aus dem EFRE-Programm zur Verfügung gestellt, der ZVMS trägt einen Anteil von fast 11 Mio. Euro.
Die Zweisystemfahrzeuge werden auf den Strecken des Chemnitzer Modells fahren. Die neuen Stadtbahnen können daher innerstädtisch emissionsfrei rein elektrisch als Straßenbahn, aber auch als Regionalbahn auf den vorhandenen Eisenbahnstrecken im Umland eingesetzt werden. Das Chemnitzer Modell verbindet umsteigefrei und niederflurig den öffentlichen Personennahverkehr der Stadt Chemnitz mit der Region.
Die neuen Fahrzeuge müssen dabei sowohl den Anforderungen der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BO Strab) als auch der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) gerecht werden. Die genaue technische und gestalterische Ausstattung der Fahrzeuge wird in der aktuellen Pflichtenheftphase gemeinsam mit der Chemnitzer Verkehrs-AG und der City-Bahn Chemnitz GmbH abgestimmt
Die dreiteiligen Fahrzeuge sind ca. 37 Meter lang und 2,65 Meter breit. Als Besonderheit verfügen die Fahrzeuge zusätzlich über zwei Dieselgeneratoren. Dieser stellen die Mobilität auf den Vollbahnabschnitten des Streckennetzes sicher.
Besonderes Augenmerk liegt auf der barrierefreien Ausstattung der Fahrzeuge. Der Behindertenbeirat hatte in den letzten Sitzungen bereits erste Anforderungen definiert, die der Hersteller Vossloh als Grundlage für die Innenausstattung genommen hat. Am gestrigen Montag diskutierten die Vertreter des Behindertenbeirates, des Herstellers Vossloh und des VMS die Ausgestaltung. Besonders die Anpassung des Mobilitätsbereiches war dabei ein wichtiges Thema.
Die Triebwagen werden auf beiden Seiten jeweils vier Türen haben, die auf zwei Höhen eingebaut werden. Damit kann man den verschiedenen Bahnsteighöhen im Stadt- und Eisenbahnverkehr gerecht werden. Vorrangig angepasst sind die Türen auf die Bahnsteighöhe 55 cm und 38 cm. Auch an einen niedrigeren Ausstieg (z. B. auf ebener Straße) wurde gedacht. Hier kann eine Rampe manuell ausgeklappt werden. Die Türen sind jeweils 1,30 Meter breit. An jeder Tür gibt es einen Schiebetritt, der beim Halt automatisch ausgefahren werden kann und im Eisenbahnbereich den Spalt zwischen Bahnsteig und Fahrzeug überbrückt. Zur jeweils richtigen barrierefreien Ausstiegstür soll über eine Ansage und ein optisches Signal geführt werden.
Zwischen den Türen auf verschiedener Höhe liegt der sogenannte Mobilitätsbereich, zu dem man von beiden Seiten über eine Rampe mit 6% Neigung kommt. Hier sind Plätze für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Fahrräder vorgesehen. Der Platz von etwa 1,70 x 2,45 Meter ermöglicht Rollstuhlfahrern ein großzügiges Wenden. Im gesamten Fahrzeug werden Fahrgastsprechstellen installiert, die auch auf Höhe der Rollstuhlfahrer zu bedienen sind. Über diese Gegensprecheinrichtungen sind die Fahrgäste mit dem Fahrer verbunden und können so z. B. mitteilen, dass sie die Ausklapprampe benötigen.
Diskutiert wurde auch die Innenraumgestaltung, die gerade für sehbehinderte Menschen sehr kontrastreich sein muss. Hier entwickelt Vossloh bis Februar 2013 verschiedene Vorschläge. Im gesamten Fahrzeug werden mehr als 20 Lautsprecher angebracht, zwei Anzeigen sind in der Nähe des Mobilitätsbereiches vorgesehen. Auch das sogenannte BLIS-System (Blindeninformationssystem) wird eingebaut werden. Über ein Extragerät können Blinde und Sehbehinderte quasi mit der Bahn „sprechen“. Die Bahn sagt über Außenlautsprecher an, in welche Richtung sie fährt und wo die Einstiegstür ist. Umgedreht kann der Fahrgast über das Gerät seinen Einstiegswunsch melden, so dass der Fahrer aufmerksamer ist.
Diskussionsschwerpunkte waren auch die Beschaffenheit des Bodens oder die Anbringung der Haltestangen. Diese Punkte werden Ende Februar 2013 intensiver besprochen. Auch die Außengestaltung, besonders die Betonung der Türen, ist für Kunden mit Sehbehinderung wichtig. Das hat Vossloh bereits in den Designstudien für die neue Chemnitzer Bahn beachtet. Sind bei der Innenausstattung die Anforderungen der Behindertenvertreter entscheidend, dürfen über die Außengestaltung der Bahn alle Einwohner der Region abstimmen.